Ein buntes Motiv, das ein geripptes Apfelwein-Glas darstellt.
24.05.2023 | Kunst & Kultur
von Christian Schnohr
Ein Portrait von Christian Schnohr.

Der Perlentaucher

März-Motiv des "Feels like Hessen"- Kalenders von Thomas Marutschke

Ein Motiv von Thomas Marutschke aus dem südhessischen Rüsselsheim ziert den März des "Feels like Hessen"-Wandkalenders 2023. Der Illustrator verwandelt komplexe Gedanken in anschauliche Bilder; so auch sein Gewinner-Motiv: Eine Hommage an den Apfelwein und die gelebte Vielfalt.

Auf der Rüsselsheimer Eisenstraße, versteckt zwischen Autohäusern, befindet sich eine kleine Oase der Kreativität: Das Studio Trashline. Im Dachgeschoss eines unscheinbaren Hauses frönt Gründer und Inhaber Thomas Marutschke seiner großen Leidenschaft. Als Illustrator verwandelt er komplexe Gedanken in anschauliche Bilder, die beim Betrachter nicht nur positive Assoziationen auslösen, sondern im Idealfall ein ganzes Kopfkino entfalten.

Thomas Marutschke sitzt auf einem Stuhl an einem Tisch, hinter ihm ein großes Bücherregal.
© Christof Mattes

Illustrator Thomas Marutschke aus dem südhessischen Rüsselsheim.

"Mein großes Faible ist die Arbeit an haptischen Dingen", erklärt Thomas Marutschke. "Dabei muss man oft mit wenigen Farben auskommen und sich an einer vorgegebenen Form orientieren." Vor allem Dekore haben es ihm angetan. Und so sind die beiden riesigen schwarzen Holzregale – neben einer Vielzahl an Bildbänden und Fachbüchern – prall gefüllt mit vielfältigen Ritzenhoff-Dekorentwürfen für Champagnergläser, Kaffeetassen, Trinkflaschen oder Frühstücksbrettern – allesamt von Thomas gestaltet und sorgsam angeordnet. An den Wänden hängen Postkarten oder Plakate mit seinen Motiven. Eine Zeitreise durch 30 Jahre Firmengeschichte. Voll, farbenfroh und sehr gemütlich.

Thomas Marutschke trägt eine karierte Stoffhose, ein blaues Poloshirt und lederne Sneaker im Retro-Look. Markant sind vor allem die eckige Brille mit dem schwarzen Gestell, sein grauer Kinnbart und das ansteckende Lachen. Neben den Aufträgen für Kommunen oder Unternehmen arbeitet der Künstler gerne und regelmäßig frei. Seine Druckgrafiken findet man in Ausstellungen oder auch schon mal im öffentlichen Raum – zum Beispiel während der Pandemie an Bauzäunen in Darmstadt. "Damals waren ja alle kulturellen Gebäude geschlossen, da haben wir uns von den Illustratoren Darmstadt e.V. eben was einfallen lassen müssen."

Ein Portrait-Bild von Thomas Marutschke.
© Christof Mattes

Neben Aufträgen für Kommunen oder Unternehmen arbeitet Thomas Marutschke gerne und regelmäßig frei. Seine Druckgrafiken findet man in Ausstellungen oder im öffentlichen Raum.

Was fast alle Werke eint, ist der markante Stil, der sich über die vielen Jahre entwickelt und eingeschliffen hat: "Ich arbeite sehr graphisch und reduziert, meist im Stil der 50er- und 60er-Jahre." Und so treffen ein pastelliges Türkis oder Minzgrün auf erdige Braun- und Rottöne. Farbenfroh und gemütlich, mit viel Retro-Charme. Das Gewinnermotiv für den Fotokalender passt perfekt zu dieser Handschrift: Der Grund schimmert gold-gelb, mittig geben sich die (gedeckt gehaltenen) Farben des Regenbogens ein Stelldichein.

Die Hauptfarbe ist eine Hommage an den Ebbelwoi, die Rautenform eine Reminiszenz an das Gerippte – das traditionelle Schoppenglas. Die bunten Farben in der Mitte des Motivs spiegeln die gelebte Vielfalt in den Äppler-Kneipen wider: "Hier kommt man schnell mit anderen ins Gespräch, tauscht sich aus, lacht zusammen – ganz unabhängig vom Hintergrund einer Person. Das ist für mich typisch hessisch", sagt der gebürtige Rüsselsheimer, den es nur zum Studium in die "Ferne" verschlagen hat: nach Darmstadt.

Ein buntes Motiv, das ein geripptes Apfelwein-Glas darstellt.

Das März-Motiv des "Feels like Hessen"- Kalenders 2023 von Thomas Marutschke ist eine Hommage an den Apfelwein und die gelebte Vielfalt.

Für die Gestaltung erstellte Thomas Marutschke, wie bei all seinen digitalen Arbeiten, auf kariertem Papier zuerst eine grobe Skizze. Diese dient nach dem Einscannen als Vorlage für eine Vektorgrafik. Die Farbgebung hatte er grob im Kopf, aber letztlich spielte er so lange noch mit den Nuancen sowie mit der Anzahl und Position der bunten Elemente, bis der Bildaufbau für ihn graphisch ansprechend war. "Schließlich hängt das Motiv ja mindestens einen Monat lang in den Zimmern oder Büros", sagt er lachend.

Doch nicht nur der Apfelwein ist für ihn ein Stück Heimat: "Wir haben zwar weder Berge noch Meer in Hessen, dafür aber in kurzer Entfernung unglaublich viele reizvolle Orte, die nicht so überlaufen sind." Gerne erkundet Thomas Marutschke diese gemütlichen "Perlen". Zu Fuß, aber ohne Plan. "Ich liebe es, mir eine Stadt abseits der Sehenswürdigkeiten zu erlaufen und so ihren Charakter zu entdecken." Wenn möglich, besucht er dabei eine Ausstellung oder stöbert auf Flohmärkten nach Schätzen aus den 50er- oder 60er- Jahren. Retro eben.

Thomas Marutschke lehnt an ein Bücherregal.
© Christof Mattes

Thomas Marutschkes kleine Oase der Kreativität ist das Studio Trashline in Rüsselsheim.

Geschäftsstelle Kreativwirtschaft Hessen

Das Team der Geschäftsstelle Kreativwirtschaft Hessen: Daniela Hartmann und Susanne Stöck stehen vor einer bunten Wand.

Die Geschäftsstelle Kreativwirtschaft Hessen bei der HA Hessen Agentur GmbH ist im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums Kooperations- und Ansprechpartnerin für die hessische Kultur- und Kreativwirtschaft. Ihr Ziel ist die Vernetzung, Förderung und die stärkere Sichtbarmachung der Branche – auch über Landesgrenzen hinaus.

Das Team der Geschäftsstelle Kreativwirtschaft Hessen: Daniela Hartmann (l.) und Susanne Stöck.

Kreativwirtschaft Hessen
Ein Portrait von Christian Schnohr.

Christian Schnohr

Freier Journalist
Christian Schnohr arbeitet seit 2007 freiberuflich für verschiedene Tageszeitungen und Magazine. Seine Texte erschienen unter anderem in der ZEIT, der Neuen Zürcher Zeitung sowie auf Spiegel.de.