Übernachten unter freiem Himmel in der nordhessischen Idylle

von Benjamin Jungbluth

Übernachten unter freiem Himmel in der nordhessischen Idylle

von | 9. Nov 2022 | Allgemein, Leben, Tourismus, Wirtschaft

Der Trekkingpark Sauerland bietet einzigartige Naturerlebnisse und sanften Tourismus

Rund um die Gemeinden Willingen und Diemelsee können Wanderer den Trekkingpark Sauerland erkunden – und auf einzigartigen Naturlagerplätzen mit toller Aussicht übernachten. Unterstützt wird das Pionier-Projekt von Hessen Tourismus.

Die ersten zarten Sonnenstrahlen scheinen über die Bergkuppen des Hochsauerlands und vertreiben die Kühle des Spätsommermorgens aus den taubedeckten Wiesen. Nach einer Nacht unter freiem Himmel haben die Gäste des Trekkingparks von ihrem geöffneten Zelt aus einen spektakulären Panoramablick: Über ausgedehnte Wälder und weite Hochflächen fast bis nach Kassel, während unten im Tal der gewundene Diemelsee zwischen Nebelschwaden zu erahnen ist. Vögel begrüßen munter zwitschernd den neuen Tag, ansonsten herrscht heilsame Ruhe in der einsamen Idylle des Trekkingparks Sauerland. Kein Verkehrslärm, kein Alltag – und auch keine anderen Camper. Denn das Zelt der Wanderer steht ganz für sich allein auf einem der neun Naturlagerplätze, die Klaus Hamel und Andrew Kesper an besonders markanten Stellen entlang der Rundwanderwege Diemelsteig und Uplandsteig errichtet haben.

Die beiden Tourismusbeauftragten der Nachbargemeinden Diemelsee und Willingen im nordhessischen Teil des Hochsauerlands sind selbst begeisterte Wanderer und haben mit ihrem Projekt einen Nerv getroffen: Einen Trekkingpark dieser Größe gibt es in ganz Deutschland bislang nicht, entsprechend stark ist die Nachfrage. „Wir haben eine Auslastung von über 90 Prozent. Mit so einem Erfolg haben wir wirklich nicht gerechnet“, freut sich Klaus Hamel beim Blick über die weite Landschaft.

Andrew Kesper und Klaus Hamel stehen draußen nebeneinander.

Die beiden Tourismusbeauftragten der Nachbargemeinden Diemelsee und Willingen: Andrew Kesper und Klaus Hamel.
(Foto: Benjamin Jungbluth)

Seit über fünf Jahren ist Klaus Hamel für den Tourismus rund um Diemelsee verantwortlich, davor war er am größeren und weiter südöstlich gelegenen Edersee tätig. „Die beiden Stauseen sind beliebte und bekannte nordhessische Touristenattraktionen, aber wir haben noch so viel mehr zu bieten. Mit unserem Trekkingpark wollten wir das zeigen, neue Zielgruppen ansprechen und einen sanften und nachhaltigen Tourismus ankurbeln“, erklärt Klaus Hamel.

Denn Trekking ist in Deutschland zwar offensichtlich sehr beliebt, doch bislang mussten Wanderer meistens in Hotels und Pensionen übernachten oder einen Campingplatz buchen. Einfach sein Zelt in der Landschaft aufzuschlagen, ist oftmals aus Rechts- und Naturschutzgründen nicht erlaubt. „Aber viele Wanderer wollen doch gerade die Natur erleben und nicht etwa im Tal zwischen anderen Urlaubern eine kleine Parzelle beziehen. Also haben wir genau diese Möglichkeit durch die Plattformen mitten in unserer schönen Landschaft geschaffen“, erklärt Klaus Hamel.

Sein Kollege Andrew Kesper, der den Tourismus im für seine Weltcup-Skisprungschanze bekannten Ferienort Willingen bereits seit 2001 managt, weist dabei auf die besondere Lage der außergewöhnlichen Übernachtungsmöglichkeiten hin: „Alle unsere Plattformen sind bewusst nahe an den Wanderwegen gelegen und haben am Waldrand einen einmaligen Ausblick. Platz ist für maximal zwei Zelte, wobei wir immer nur einzeln vermieten – so ist sichergestellt, dass unsere Gäste ganz für sich sind und die Stille der Natur auch wirklich genießen können“, sagt Andrew Kesper.

Der Preis für eine Übernachtung auf einem der neun Naturlagerplätze ist dabei überschaubar: 15 Euro zahlt eine Einzelperson, 28 Euro eine Kleingruppe oder Familie mit vier Personen. Inbegriffen ist dabei die MeineCard Mobil beziehungsweise ab 2023 die Sauerland Card, mit der die Busse und Anrufsammeltaxis der Region kostenlos genutzt werden können. Buchbar sind die Plattformen ganz einfach online – denn die Vermarktung über das Internet war von Anfang an ein Schwerpunkt für die beiden nordhessischen Tourismusmanager. „Wir hatten die Homepage und das Buchungssystem quasi schon fertig, bevor wir mit unseren Plänen an die Öffentlichkeit gegangen sind. Dadurch konnten wir unser Projekt viel besser vorstellen und hatten in der Endphase weniger Arbeit“, erklärt Andrew Kesper.

Foto: Trekkingpark Sauerland / phototravellers.de

Foto: Benjamin Jungbluth

Foto: Benjamin Jungbluth

Foto: Trekkingpark Sauerland / phototravellers.de

Foto: Benjamin Jungbluth

Foto: Trekkingpark Sauerland / phototravellers.de

Die neun größtenteils aus Holz bestehenden Plattformen, die von lokalen Handwerksbetrieben gebaut wurden, bieten eine feste Sitzgelegenheit mit integriertem Tisch, liegen meist in der Nähe einer bestehenden Schutzhütte und haben immer eine Bio-Komposttoilette direkt nebenan. Diese steht bewusst auch Wanderern offen, die keine Übernachtung gebucht haben: Seitdem habe sich das zuvor leidige Thema menschlicher Hinterlassenschaften rund um die Schutzhütten erledigt, betonen die beiden Tourismus-Verantwortlichen. „Und weil wir mit dem Trekkingpark legale Möglichkeiten für eine Übernachtung mitten in der Natur geschaffen haben, ist illegales Campen im Wald oder auf Wiesen inzwischen auch kein Thema mehr bei uns. Wir konnten mit unserer Idee also alles in gewünschte Bahnen lenken, wodurch wir die Natur entlasten“, erklärt Andrew Kesper. „Um das heimische Wild zu schonen, haben wir außerdem nur von April bis November geöffnet.“

Dieser Punkt überzeugte auch die Naturschutzbehörden, die das Projekt zunächst genehmigen mussten. Schließlich liegen die Plattformen nicht nur in einer landschaftlich traumhaften Region, sondern auch im Naturpark Diemelsee und am angrenzenden Naturpark Sauerland Rothaargebirge. „Wir sind mit unseren Plänen bewusst ganz früh an die zuständigen Behörden herangetreten und haben alle Beteiligten miteinbezogen, um sie von unserer Idee zu überzeugen. So konnten wir die Genehmigungen schnell einholen und sogar in Rekordzeit die Leader-Förderung des Landes Hessen beantragen. Von den rund 70.000 Euro Gesamtkosten müssen unsere beiden Gemeinden dadurch lediglich 21.000 Euro selbst schultern“, sagt Klaus Hamel – und rät anderen Gemeinden, sich bei ähnlichen Projekten über die vielfältigen touristischen Fördermöglichkeiten des Landes zu informieren.

Foto: Trekkingpark Sauerland / phototravellers.de

Foto: Trekkingpark Sauerland / phototravellers.de

Foto: Benjamin Jungbluth

Foto: Trekkingpark Sauerland / phototravellers.de

Foto: Markus Balkow / Trekkingpark Sauerland

Unterstützung erhalten hessische Kommunen dabei von Hessen Tourismus, einer Abteilung der HA Hessen Agentur GmbH, die eine koordinierende und impulsgebende Rolle für die Tourismuswirtschaft in Hessen übernimmt und so die Wirtschaftskraft im Land fördert. „Der Trekkingpark Sauerland ist ein tolles Beispiel, wie ländliche Regionen in Hessen von einem durchdachten Tourismus profitieren können: Durch das innovative Konzept kommen neue Zielgruppen nach Diemelsee und Willingen, die sorgsam mit der Natur umgehen und gleichzeitig die lokalen Einzelhändler und Gastronomen mit ihrer Kaufkraft unterstützen. Die Buchungszahlen zeigen außerdem, dass viele Einheimische das Angebot für eine außergewöhnliche Übernachtung mitten in der Natur nutzen und so ihre Heimatregion auf eine neue Weise entdecken können. Deshalb gehört der Trekkingpark Sauerland zu den herausragenden Pionierprojekten, die wir in unserem Ideengarten des hessischen Tourismus einem breiteren Publikum vorstellen“, sagt Herbert Lang, Leiter von Hessen Tourismus.

Und wie Pioniere eben sind, haben Klaus Hamel und Andrew Kesper schon wieder neue Pläne für ihren Trekkingpark Sauerland: Künftig wollen sie ihre bereits bestehenden Strecken für Mountainbiker und Fahrradfahrer in den Trekkingpark einbinden und dafür weitere Naturlagerplätze in der Region errichten. „Wir haben schon so einige Ideen: Die Plattformen könnten Vorrichtungen zum Anschließen der Räder erhalten, und an solarbetriebenen Ladestationen könnten unsere Gäste ihre E-Bikes mit erneuerbarer Energie versorgen“, sagt Klaus Hamel.

Diese nachhaltige Stromversorgung wäre auch für eine weitere Zielgruppe ein Gewinn: Jüngere Wanderer, die nicht nur die Natur genießen wollen, sondern auch auf Instagram und Facebook ihre Erlebnisse teilen möchten und dafür stets einen vollen Smartphone-Akku benötigen. „Das ist heute schon ein Großteil unseres indirekten Marketings, denn klassische Werbung machen wir für den Trekkingpark Sauerland nicht. Stattdessen posten unsere Gäste immer wieder Fotos und Videos von ihren Erlebnissen und machen unsere Region dadurch noch bekannter“, erzählt Andrew Kesper freudestrahlend. „Und die Bilder sprechen eben wirklich für sich: Traumhafte Sonnenuntergänge in der Ferne, nachts ein klarer Sternenhimmel und am Morgen ein Frühstück mitten in der Natur: Das ist ein einzigartiges Urlaubserlebnis, mitten in Deutschland.“

Abteilung Hessen Tourismus

Hessen Tourismus ist die Destination Marketing und Management Organisation (DMMO) des Landes Hessen. Als eine Abteilung der HA Hessen Agentur GmbH übernimmt sie eine steuernde, koordinierende und impulsgebende Rolle für die Tourismuswirtschaft in Hessen. Hessen Tourismus versteht seine Arbeit als richtungsweisend für das Marketing und die Entwicklung des Tourismus im Bundesland, sie richtet sich sowohl an die Gäste als auch in starkem Maße an die Partnerinnen und Partner in den hessischen Destinationen. Grundlage ist der Strategische Marketingplan für den Tourismus in Hessen. Dieser wird in enger Abstimmung mit den Partnerinnen und Partnern im Land erarbeitet.

Im Ideengarten stellt Hessen Tourismus im Auftrag des hessischen Umweltministeriums Hessen-Pionierinnen und Hessen-Pioniere vor, die eine zündende Idee hatten und die unterschiedlichsten Trends im Tourismus – wie Nachhaltigkeit und Regionalität – für neue Angebote nutzen. Sie stärken die regionalen Wirtschaftskreisläufe und das kulturelle und gesellschaftliche Leben vor Ort. Was sie verbindet? Sie alle lieben ihre Region und wollen sie lebendig halten.

Das Logo von Hessen Tourismus.