Individuelle Energieberatungen für mehr Klimaschutz

von Benjamin Jungbluth

Individuelle Energieberatungen für mehr Klimaschutz

von | 20. Nov 2023 | Allgemein, Leben, Technik, Wirtschaft, Wissenschaft

Hessische Kommunen und Bürger profitieren von Kampagne für Eigenheime

Mit der Kampagne „Aufsuchende Energieberatung“ unterstützt die LandesEnergieAgentur Hessen sowohl Kommunen als auch Bürgerinnen und Bürger bei der energetischen Modernisierung von Wohngebäuden. Neben kostenfreien Vor-Ort-Terminen gibt es eine umfangreiche Unterstützung für alle Beteiligten. Bei der örtlichen Auftaktveranstaltung im südhessischen Lampertheim ist die Nachfrage entsprechend groß.

Der Sitzungssaal des Lampertheimer Stadthauses ist komplett gefüllt: Einige Besucher holen sich zusätzliche Stühle, um noch teilnehmen zu können, während im hinteren Bereich zahlreiche Interessierte den Infostand der LEA LandesEnergieAgentur Hessen umringen und das Gespräch mit den LEA-Experten Karsten Jäckel, Till Schuh und Christian Dörhöfer suchen. „Das Thema Energieberatung ist aktuell enorm gefragt, da besteht ganz viel Informationsbedarf“, sagt Karsten Jäckel, der an diesem Abend zusammen mit seinen Kollegen aus Wiesbaden in die Stadt im äußersten Süden Hessens gekommen ist. Hier im Kreis Bergstraße stellen sich derzeit viele Bürgerinnen und Bürger die gleichen Fragen wie im Rest des Landes: Welche Auswirkungen hat die Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges auf meine eigenen vier Wände? Wie kann ich Energie sparen und meine Kosten für Strom und Heizung nachhaltig senken? Und wo soll ich nur anfangen, wenn ich mein Haus energetisch modernisieren möchte?

Mehrere Menschen stehen an einem Info-Stand.

Christian Dörhöfer (LEA Hessen), Yannic Töpper (Klimaschutzmanager Lampertheim) und Karsten Jäckel. (Foto: Benjamin Jungbluth)

Darauf gibt es von der LEA Hessen und der Stadt Lampertheim Antworten – aber eben keine pauschalen und unverbindlichen, wie sie seit Monaten durch die Schlagzeilen geistern und viele Menschen eher verunsichern. Sondern individuelle und konkrete Orientierungshilfen, die zu durchdachten Verbesserungen in den Eigenheimen führen können. Dafür hat die LEA Hessen die Kampagne „Aufsuchende Energieberatung“ ins Leben gerufen, bei der Energieberaterinnen und -berater die Menschen vor Ort besuchen und ihr Ein- oder Zweifamilienhaus genauer betrachten. Diese Erstberatung ist für die Bürger kostenlos und unverbindlich – sie soll die Eigentümer motivieren, das Thema überhaupt erst anzugehen und sich Schritt für Schritt der Umsetzung sinnvoller und den persönlichen Umständen angepasster Lösungen anzunähern.

„Wir wollen den Menschen in Hessen zeigen, dass Klimaschutz und energetische Gebäudemodernisierungen machbar sind und man keine Angst davor haben muss. Verständlicherweise gibt es durch die aktuellen weltweiten Ereignisse Verunsicherung in der Bevölkerung, der wir mit dieser Kampagne aber etwas entgegensetzen möchten: Mit guter Planung und der Unterstützung unabhängiger Expertinnen und Experten kann jedes Eigenheim individuell optimiert werden“, erklärt Karsten Jäckel, der zusammen mit Till Schuh die Kampagne bei der LEA Hessen koordiniert und umsetzt.

In einem Saal der Stadt Lampertheim wird ein Vortrag gehalten.

Bei der örtlichen Auftaktveranstaltung im südhessischen Lampertheim ist die Nachfrage groß. (Foto: Benjamin Jungbluth)

Doch nicht nur die hessischen Bürgerinnen und Bürger profitieren von der „Aufsuchenden Energieberatung“, sondern auch die Kommunen werden von der LEA Hessen und dem Land unterstützt. Denn die Kampagne der jeweiligen Stadt- oder Gemeindeverwaltung findet immer in Kooperation mit der LEA Hessen statt. Die LEA-Experten Till Schuh und Karsten Jäckel begleiten die örtlichen Verwaltungen sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Umsetzung einer Erstberatungskampagne, schulen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, stellen Projekt- und Werbematerialien zur Verfügung, unterstützen bei Fragen der Öffentlichkeitsarbeit und stehen den Verwaltungen persönlich als Ansprechpartner zur Verfügung.

So auch an diesem Abend in Lampertheim. Während sich das Stadthaus immer weiter füllt, bespricht Karsten Jäckel letzte Details mit dem städtischen Klimaschutzmanager Yannic Töpper. Viele hessische Kommunen haben inzwischen eine solche Stelle geschaffen, um alle Themen rund um den Klimaschutz an einer Anlaufstelle zu bündeln. „Wir sind dabei sowohl für die Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung als auch für die Bürgerinnen und Bürger der zentrale Ansprechpartner. Dank unserer regionalen Vernetzung können wir die Themen im Alltag und vor Ort koordinieren, quasi als Ergänzung zu den auf der Landesebene von der LEA Hessen vorangetriebenen Entwicklungen. Diese Zusammenarbeit zeigt sich bei der Aufsuchenden Energieberatung besonders gut“, sagt Yannic Töpper.

Denn die Umsetzung der Kampagne ist Aufgabe der Kommune. Sie nutzt ihre bestehenden Kanäle, um lokale Energieberaterinnen und -berater vorauszuwählen und die Bürgerschaft zu aktivieren. In Lampertheim klappt das optimal: Das Interesse der Einwohner an der Auftaktveranstaltung ist erkennbar groß. Nach der Begrüßung und einer allgemeinen Vorstellung der Kampagne erklärt Klimaschutzmanager Yannic Töpper kurz die Modalitäten. Mitmachen können Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern, deren Gebäude einen relativ hohen energetischen Modernisierungsbedarf haben.

Das Logo der LEA LandesEnergieAgentur Hessen GmbH.

LEA Hessen

Die LEA LandesEnergieAgentur Hessen GmbH (LEA Hessen) übernimmt seit 2017 im Auftrag der Hessischen Landesregierung zentrale Aufgaben bei der Umsetzung der Energiewende und des Klimaschutzes. Die Angebote richten sich an hessische Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftliche Organisationen, Kommunen und Unternehmen.

Die LEA Hessen bietet Informationen, Erstberatungen und begleitende Unterstützung bei der Auswahl und Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz, zur Energieeffizienz, zur Energieeinsparung oder zum Ausbau erneuerbarer Energien im eigenen Umfeld. Sie ist zuverlässige Partnerin, wenn es darum geht, Dritte für Aktivitäten für den Klimaschutz und die Energiewende zu gewinnen.

Die LEA Hessen versteht sich auch als Informationsplattform und bündelt dazu hessenweit Expertenwissen.

Neben allgemeinen Informationen durch die LEA Hessen erhalten sie bei Teilnahme an der Kampagne eine Vor-Ort-Energieberatung durch einen zertifizierten Energieberater, der bei einem kostenlosen Termin einen ersten individuellen Überblick über die Immobilie gibt, mögliche Optimierungsansätze herausarbeitet und passende Fördermöglichkeiten nennt. Auch individuelle Fragen können im persönlichen Gespräch geklärt werden. In einem Protokoll erhalten die Eigentümer schließlich konkrete Hinweise, in welchen Bereichen sie tätig werden können, ohne allerdings eine Verpflichtung eingehen zu müssen.

„Aufgrund der langen Diskussionen um das neue Heizungsgesetz sind viele Menschen verunsichert und denken beim Thema energetische Modernisierung nur an Wärmepumpen. Gerade bei Bestandsgebäuden ist aber der fachmännische Blick auf die komplexe Gesamtsituation vor Ort wichtig, um die einzelnen Maßnahmen sinnvoll aufeinander abzustimmen. Grundsätzlich ist es ratsam, die Gebäudehülle zu optimieren. Denn ein gut gedämmtes Haus benötigt deutlich weniger Energie, so dass im besten Fall die Heizung kleiner dimensioniert werden kann“, erklärt LEA-Experte Till Schuh. „Einige kleinere Maßnahmen können Eigentümer sogar ohne großen Aufwand und hohe Kosten selbst umsetzen. Auch da helfen die Energieberater beim Vor-Ort-Termin weiter, außerdem gibt es online viele nützliche Tipps und Tricks.“

Mehrere Menschen unterhalten sich in einem Raum.

LEA-Experte Karsten Jäckel berät interessierte Bürgerinnen und Bürger im Lampertheim. (Foto: Benjamin Jungbluth)

Doch nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger ist diese Erstberatung kostenfrei, auch die Kommunen erhalten finanziellen Beistand vom Land: Zum einen ist die Unterstützung der LEA Hessen rund um die Organisation und die Auftaktveranstaltung kostenlos, zum anderen übernimmt das Land Hessen die Honorare für rund 80 bis 100 Erstberatungen in jeder teilnehmenden Stadt und Gemeinde. „Das ist ein tolles Angebot für uns Kommunen, weil wir dadurch ein aktuell sehr wichtiges Thema bürgernah angehen können. Zusammen mit unseren eigenen Anstrengungen und Aufgaben rund um Klimaschutzkonzept, kommunale Wärmeplanung und viele weitere Aktivitäten in diesen Bereichen können wir dadurch unseren Bürgerinnen und Bürgern eine konkrete Hilfestellung geben. So arbeiten alle Beteiligten Hand in Hand. Denn das Klima können wir nur alle gemeinsam schützen“, sagt Lampertheims Bürgermeister Gottfried Störmer.

Dieser Gedanke stößt auch in der südhessischen Bürgerschaft auf Zustimmung. Iris und Michael Kietzmann tragen sich direkt nach dem Ende der Auftaktveranstaltung für die Kampagne ein. „Dieses Angebot hilft uns wirklich weiter: Neben dem vielen Infomaterial am Stand der LEA Hessen konnten wir direkt eine Erstberatung mit einer Expertin buchen. Bei uns wird dabei das Thema Heizung im Mittelpunkt stehen, weil wir bereits vor einigen Jahren eine Photovoltaik-Anlage samt Batteriespeicher eingebaut haben und jetzt den nächsten Schritt gehen wollen“, sagen Iris und Michael Kietzmann.

Ein Schild mit der Aufschrift „Aufsuchende Energieberatung“ hängt an einem Treppengeländer.

Mit der Kampagne „Aufsuchende Energieberatung“ unterstützt die LEA Hessen sowohl Kommunen als auch Bürgerinnen und Bürger bei der energetischen Modernisierung von Wohngebäuden. . (Foto: Benjamin Jungbluth)

Marcus Schmidt steht vor ähnlichen Problemen bei seinem Einfamilienhaus aus den 60er-Jahren. „Ich muss nicht zuletzt aus finanziellen Gründen schauen, mit welchen Mitteln ich möglichst viel bei einer Sanierung bewirken kann. Meine Gasheizung müsste irgendwann ausgetauscht werden, aber vielleicht ist eine Dämmung meiner Fassade oder meines Dachs zunächst sinnvoller. Für diese Einschätzung ist mir die Erstberatung durch einen neutralen Experten sehr wichtig. Ohne diese Unterstützung hätte ich das Thema wohl noch ein paar Jahre vor mir hergeschoben“, sagt Marcus Schmidt.

Das Team der LEA Hessen freut sich über die positiven Rückmeldungen der Lampertheimer – am Ende des Abends haben sich bereits 40 Einwohner für eine Energieberatung angemeldet. „Der enorme Zuspruch in ganz Hessen zeigt uns, dass bei den Bürgerinnen und Bürgern ein großer Bedarf an Unterstützung rund um die energetische Modernisierung ihrer Wohngebäude besteht. Mit unserer Aufsuchenden Energieberatung versuchen wir, diese Lücke zu schließen und praxisnah zu helfen. Am Ende profitieren davon das Land, die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger – am meisten aber das Klima“, sagt LEA-Experte Karsten Jäckel.

Mehrere Give-aways der LEA Hessen liegen auf einem Tisch.

Die LEA-Experten beraten die Bürgerinnen und Bürgern in Lampertheim. (Foto: Benjamin Jungbluth)

Aufsuchende Energieberatung

Die Kampagne „Aufsuchende Energieberatung“ der LEA LandesEnergieAgentur Hessen startete Ende 2021 und ist seitdem stark gewachsen. 2022 nahmen noch 15 hessische Kommunen daran teil, bis Ende 2023 werden bereits bis zu 50 lokale Kampagnen dazukommen.

Der Kern der Kampagne sind Vor-Ort-Termine von Energieberaterinnen und -beratern bei Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern, um ihnen eine erste Orientierung für eine energetische Gebäudemodernisierung zu geben.

Adressat der Kampagne sind Stadt- und Gemeindeverwaltungen in Hessen, die von der LEA Hessen sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Durchführung umfangreich unterstützt werden – beispielsweise mit Schulungen, Projekt- und Werbematerialien sowie persönlichen Ansprechpartnern.

Außerdem übernimmt das Land Hessen die Kosten für die Beratungsleistung der Energieberaterinnen und -berater bis max. 8.400 Euro netto, was rund 80 bis 100 Beratungen ermöglicht.

Hat die „Aufsuchende Energieberatung“ in der Kommune Erfolg, kann sie wiederholt werden – mit der Option auf neue Förderung.      

Die Kampagne passt außerdem zu einem Quartierskonzept nach KfW 432 und eignet sich als Maßnahme bei der Umsetzung eines kommunalen Wärmeplans.

Für 2024 sind noch Kampagnenplätze frei: Interessierte hessische Kommunen können sich per E-Mail an gebaeude@lea-hessen.de bei der LEA Hessen melden, die dann alle weiteren Schritte mit den Städten und Gemeinden abstimmt.